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Norwegen trauert um Opfer des Schusswaffenangriffs in Oslo

Polizei schließt kein Motiv aus; Solidaritätsbekundungen beim Trauergottesdienst, Brandenburger Tor wird in Regenbogenfarben angestrahlt

Passanten in Trauer am Tatort des Attentates von Oslo. (Foto: Olivier MORIN / AFP)
Passanten in Trauer am Tatort des Attentates von Oslo. (Foto: Olivier MORIN / AFP)

Oslo (AFP) – Nach den tödlichen Schüssen in der Nähe einer Schwulen-Bar in Oslo hat Norwegen am Wochenende um die Opfer getrauert. Das Motiv des mutmaßlichen Täters, der kurz nach Beginn seines Angriffs festgenommen wurde, war am Sonntag weiter unklar. Der 42-jährige Norweger mit iranischen Wurzeln wurde als psychisch labiler Islamist beschrieben, laut Polizei muss er sich wegen Mordes, Mordversuchs und Terrorismus verantworten.

Ein Trauergottesdienst in der Kathedrale von Oslo wurde am Sonntag zu einer bewegenden Solidaritätsbekundung mit den Opfern des Angriffs. Der Altar war in Regenbogenfarben geschmückt, einige der Trauergäste trugen ebenfalls die Farben der LGBT-Bewegung. Ministerpräsident Jonas Gahr Störe sagte, der Angriff bedeute nicht das Ende des “Kampfs gegen Diskriminierung, Vorurteile und Hass”. “Kugeln können die Liebe nicht töten”, betonte der Vorsitzende der norwegischen Kirche, Bischof Olav Fykse Tveit.

Besucher legen Blumen ab am Ort des Attentates von Oslo und gedenken der Opfer. (Foto: Martin Solhaug Standal / NTB / AFP)
Besucher legen Blumen ab am Ort des Attentates von Oslo und gedenken der Opfer. (Foto: Martin Solhaug Standal / NTB / AFP)

Der Anschlag sorgte in ganz Norwegen und international für Entsetzen. Bei den Schüssen in der Nacht zum Samstag vor einem Jazz-Club und dem benachbarten Schwulen-ClubLondon Pub” wurden zwei Männer im Alter von rund 50 und 60 Jahren getötet, 21 weitere Menschen wurden verletzt. Die Polizei konnte den mutmaßlichen Täter rasch festnehmen, seitdem verweigert er die Aussage.

Das Motiv des 42-Jährigen war unklar, die Ermittler gehen auch dem Verdacht des “islamistischen Terrorismus” nach. Nach Angaben des Chefs des Inlandsgeheimdienstes, Roger Berg, weist der Verdächtige eine “lange Geschichte von Gewalt und Drohungen” auf.

Der Geheimdienst habe ihn seit 2015 auf dem Schirm, zum einen wegen seiner möglichen Radikalisierung, zum anderen wegen seiner Zugehörigkeit zu einem Islamisten-Netzwerk, sagte Berg. Nach seiner Vernehmung im vergangenen Monat seien die Ermittler aber zu dem Ergebnis gekommen, dass er keine “gewaltsamen Absichten” hege.

Berg verwies auch auf Informationen, dass die psychische Gesundheit des 42-Jährigen beeinträchtigt sein könnte. Die Polizei ordnete eine Untersuchung zu seiner Schuldfähigkeit an.

Die Polizei wollte am Sonntag weder eine islamistische Radikalisierung noch Hass auf Homosexuelle oder psychische Probleme als Motiv ausschließen. “Möglicherweise ist es eine Kombination von allem”, sagte Polizeianwalt Börge Enokson. Für endgültige Schlüsse sei es noch zu früh.

Der norwegische Geheimdienst erhöhte am Samstag die Terrorwarnung auf die höchste Stufe, und auch die Polizeipräsenz in der Hauptstadt wurde verstärkt. Die Polizisten, die in Norwegen normalerweise keine Waffen tragen, wurden angewiesen sich zu bewaffnen.

Eine für Samstagnachmittag geplante Pride-Parade in Oslo wurde zunächst abgesagt. Bürgermeister Raymond Johansen kündigte an, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden soll.

Trotz der Absage der Parade zogen im Laufe des Samstags tausende Menschen mit Regenbogenfahnen durch die Osloer Innenstadt und riefen in Sprechchören: “Wir sind hier, wir sind queer, wir werden nicht verschwinden.” Unzählige Menschen legten Regenbogenfahnen und Blumen in der Nähe des abgesperrten Anschlagsorts nieder, viele kämpften dabei mit den Tränen.

Nach dem Anschlag ordnete auch der französische Innenminister Gérald Darmanin verschärfte Sicherheitsvorkehrungen für die für Samstag geplanten Pride-Märsche im Land an. In Warschau legten die Teilnehmer der Pride-Parade eine Schweigeminute ein. Nach dem Willen der Regierenden Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey (SPD), sollte das Brandenburger Tor am Sonntagabend in den Regenbogenfarben angestrahlt werden.

Führende Vertreter der westlichen Staaten, darunter der französische Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, verurteilten den Angriff.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte auf Twitter, “der Anschlag gegen die queere Community in Oslo” erschüttere ihn zutiefst. “Der Kampf gegen den Terror eint uns”.

“Wir alle haben das Recht zu lieben und geliebt zu werden”, erklärte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Vor knapp elf Jahren war Stoltenberg norwegischer Ministerpräsident, als bei dem blutigen rechtsextremistischen Anschlag in Oslo und auf der Insel Utöya 77 Menschen getötet worden waren.

ans/cp

AFP Agence France-Presse

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