Politik

Human Rights Watch wirft Russland „Ermutigung zur Homophobie“ vor

Im ganzen Land sei ein "Anstieg von Angriffen, Belästigungen und der Diskriminierung von Schwulen, Lesben und Transsexuellen" zu beobachten, seitdem im vergangenen Jahr ein Gesetz gegen homosexuelle "Propaganda" in Kraft getreten ist, kritisierte die Menschenrechtsorganisation in einem am Montag veröffentlichten Bericht.

Als Fabian an der Startschranke bei den olympischen Winterspielen in Sotschi steht, die Skistöcke in den Schnee gerammt, jeden Muskel im Körper wie eine Feder angespannt, und auf den Startschuss wartet, um die Piste endlich hinunterzurasen, schießen ihm so viele Gedanken durch den Kopf. Hat er das Zeug dazu, dem Favoriten, dem Russen David Koslow, eine Medaille abzutrotzen? Vielleicht sogar Gold im Ski-Alpin fu?r die Schweiz zu gewinnen? Und vor allem: Wird ein Sieg dem gut aussehenden Slalom-Genie Florian Häusle imponieren und beweisen, dass es sich trotz des Medienrummels um die Anti-Homosexuellen-Propaganda-Gesetze unter Putin lohnt, öffentlich Stellung zu beziehen, und dass in der testosterongesteuerten Disziplin Ski-Alpin ein offen schwul lebender Sportler nach Gold streben kann. Nach seinem satirischen Erstlingsroman Plötzlich Royal beschäftigt sich der Schweizer Autor Roland Brodbeck mit einem weiteren "heißen Eisen": Homosexualität bei den olympischen Spielen in Russland. Hopp Schwiiz!
Buchtipp: Der Sieger von Sotschi

Moskau, Russland (AFP) – Human Rights Watch (HRW) hat die russische Regierung aufgefordert, ihre „Ermutigung zur Homophobie“ einzustellen. Im ganzen Land sei ein „Anstieg von Angriffen, Belästigungen und der Diskriminierung von Schwulen, Lesben und Transsexuellen“ zu beobachten, seitdem im vergangenen Jahr ein Gesetz gegen homosexuelle „Propaganda“ in Kraft getreten ist, kritisierte die Menschenrechtsorganisation in einem am Montag veröffentlichten Bericht.

Die Gewalt gegen diese Gruppen sei zweifellos ein Resultat von Homophobie, sagte Tanya Cooper von HRW. Doch die Behörden ignorierten diese Verbrechen mutwillig und kümmerten sich nicht um die Opfer. Stattdessen würde das Gesetz „Diskriminierung legalisieren“. „Die Behörden müssen aufhören, Homophobie zu fördern und zu tolerieren“, forderte Cooper. Zwar hätten die Behörden die Mittel, gegen homophobe Gewalt vorzugehen, nicht aber den Willen, diese auch einzusetzen.

Aussagen von 78 Opfern sogenannter „Hassverbrechen“

Drei Jungs gründen mitten in Moskau eine WG. Ihr Ziel: Den schwulen Alltag in der verrückten russischen Hauptstadt besser in den Griff zu bekommen. Dabei könnten die drei Bewohner unterschiedlicher nicht sein: der smarte und karriereorientierte Banker Kiryll, der aufsässige und schrille Mark sowie der experimentierfreudige Ilja. Und nicht nur aufgrund dieser explosiven Mischung verwandelt sich die Männerwirtschaft bald in ein wahres Sodom und Gomorrha mit viel Spaß und Gefühl! Die Kurzgeschichten aus SODOM I UMORA wurden in den Jahren 2003 bis 2004 im Internet auf der Seite Gay.ru veröffentlicht. Jede Folge der "Online-Seifenoper" wurde mit hunderten Stimmen voller Begeisterung empfangen. Die drei Protagonisten sind für viele Leser die neuen Schwulenikonen geworden. Über jeden Schritt wurde diskutiert, und viele haben schon etwas Ähnliches erlebt.
Buchtipp: Russen WG

Basierend auf den Aussagen von 78 Opfern sogenannter „Hassverbrechen“ beklagte der Bericht die mangelnde juristische Unterstützung, die diesen Menschen zuteil werde. „Für gewöhnlich heißt es, dass es sich gar nicht um ein ‚Hassverbrechen‘ handele, da die Mehrheit der Russen Schwule hasse. Deswegen sei es normal, sie zu hassen und zu verprügeln“, zitierte HRW die Anwältin Xenia Kiritschenko, die sich bei der Gruppe Coming Out für die Rechte Homosexueller einsetzt.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte im Juni 2013 ein Gesetz unterzeichnet, dass die „Propagierung“ homosexueller Beziehungen gegenüber Minderjährigen unter Strafe stellt. Er betonte aber, dass Schwule und Lesben entgegen Anschuldigungen aus dem Westen in Russland nicht verfolgt würden. Im Dezember sagte er, dass sein Land nicht vorhabe, „Menschen mit nicht-traditioneller Orientierung“ zu verfolgen, womit er sich auf Homosexuelle bezog.

Die Bevorzugung der „traditionellen Familie und gesunden Nation“ sei jedoch eine strategische Entscheidung Russlands, sagte Putin. Russland hatte Homosexualität 1993 entkriminalisiert. Homophobes Verhalten bleibt jedoch weit verbreitet und nahezu keine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens hat sich bislang als homosexuell geoutet.

bw/uvs

© Agence France-Presse

AFP Agence France-Presse

AFP ist eine der drei globalen Nachrichtenagenturen und an 260 Standorten in 151 Ländern der Erde vertreten. Mit 2.400 Mitarbeitern verfügt AFP über eines der dichtesten Korrespondentennetze weltweit. Jeden Tag verbreitet AFP mehrere Millionen Wörter in vielen Sprachen, dazu umfangreiche Foto- und Infografikdienste sowie integrierte Multimedia-Newspakete für Online-Medien.

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"